Wofür Ökobilanz?

In unseren Gesprächen mit Unternehmen sind uns 5 Gründe für die Erstellung von Ökobilanzen aufgefallen: Transparenz schaffen, Potenziale finden, Umweltbewusstsein bewerben, Innovationen generieren, Vertrauen stärken.

1.Transparenz schaffen

Ökobilanzen bieten Unternehmen die Möglichkeit, ein umfassendes Bild der ökologischen Auswirkungen ihrer Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu zeichnen. Vergleiche von Lösungsmöglichkeiten sind simulierbar. Das kann sowohl zu Kosteneinsparungen als auch zu einem verbesserten ökologischen Fußabdruck führen. Mit dieser Grundlage können Entscheidungen getroffen und fundiert argumentiert werden.

Ein Beispiel:

Kaum eine Bedrohung der Meere ist heute so sichtbar wie die Belastung durch Plastikabfälle. Wurden in den 1950er Jahren knapp 1,5 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert sind es heute fast 400 Millionen Tonnen. Und ein viel zu großer Teil davon landet im Meer. Etwa 75 Prozent des gesamten Meeresmülls besteht aus Kunststoffen“, Bund Naturschutz 2025. 1

… und dann ist ausgerechnet die Bio-Gurke im Supermarkt in Plastik eingeschweißt. Wie kann das sein? Machen die Hersteller da einen Fehler?

Hier kann eine Ökobilanz Transparenz schaffen und so eine Entscheidungsgrundlage für oder gegen diese Verpackung liefern. Vereinfachte Übersicht zur Ökobilanz einer Gurke:

2.Potenziale finden

Potenziale zur Reduzierung ihrer Umweltauswirkungen werden durch Ökobilanzen sichtbar. Indem sie die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus ihrer Produkte oder Dienstleistungen analysieren, können sie beispielsweise Bereiche finden, in denen Ressourcen effizienter genutzt oder sich Abfälle reduzieren lassen, vielleicht sind kritische Materialien ersetzbar, die man so nicht auf dem Schirm hatte. Auch hier gilt, dass Potenziale zur Verbesserungen des ökologischen Fußabdrucks nicht unbedingt mit höheren Kosten einhergehen müssen – es finden sich auch kosteneffizientere Lösungen.

3. Umweltbewusstsein bewerben

Nachhaltigkeit ist gekoppelt mit wirtschaftlichen Interessen – die Hoffnung auf Entdeckung von Potenzial für Kostenreduktionen, Wettbewerbsvorteile oder Werbewirksamkeit durch Umweltmarketing. Auf EU-Ebene werden Richtlinien erarbeitet, um Unternehmen davon abzuhalten, irreführende Aussagen über die Umweltfreundlichkeit ihrer Produkte und Dienstleistungen zu machen: Wenn mit positiven Umweltaussagen geworben wird, dann müssen diese auch objektiv nachweisbar sein. Dafür gibt es inzwischen eine Empfehlung. Ein Grund mehr sich dem Thema Ökobilanzen anzunehmen – denn hier sind LCAs oder noch spezifischer EPDs (Environmental Product Declaration)3 das Mittel der Wahl.

Ein Beispiel:

In einer Bachelorarbeit an der Westfälischen Hochschule wurden 52 freiwillige Umweltaussagen von 10 Unternehmen aus dem Bereich Outdoor-Kleidung in 2024 untersucht – 77% der Aussagen waren nicht Regelkonform4 . Sie waren unzureichend belegt, basierten auf schwachen oder intransparenten Nachweisen oder wurden ohne klare Berechnungsgrundlagen kommuniziert. Eine Studie, okay, aber gibt es noch mehrere? Die EU schreibt auf ihrer Webseite: 40% aller Umweltaussagen von Firmen sind unzureichend belegt und 53% sind irreführend formuliert und die EU-weit 230 existenten grünen Labels sind zur Hälfte ohne ausreichende Evidenz in der Vergabe. 5

Die EU-Richtlinie “Green Claims Directive” stellt Herausforderungen an die Nachhaltigkeitskommunikation. Der Einsatz künstlicher Intelligenz kann hier ein entscheidender Faktor werden. Denn sie kann effizient komplexe regulatorische Anforderungen systematisch analysieren und Umsetzungsvorschläge zur Kommunikation generieren. Wie das ?

Nachhaltige Kommunikation, die frei von Greenwashing ist hat vier Bestandteile: 1.Umweltaussagen für ein Endprodukt, 2. dessen zukünftige Umweltleistung sowie 3. dessen kumulative Auswirkungen. Das wird 4. gestützt durch die Bereitstellung von Informationen.6 Durch Prompt Engineering kann eine KI auf spezifische Aufgaben vorbereitet werden. So kann z.B ChatGPT so trainiert werden, dass sie die Kriterien der EU-Richtlinie versteht und für die Analyse anwenden kann:

Umweltaspekte, -auswirkungen und -leistungen, die Gegenstand der Aussage sind, können analysiert werden. Dabei werden sie mit Normen und Richtlinien, Studien zur Messung und Überwachung von Umweltauswirkungen, Erläuterungen der Maßnahmen wie die Aussagen erreicht werden sollen und natürlich vorliegende LCAs und EPDs, verglichen. Im Ergebnis wird dann die Konformität festgestellt oder negiert. Die KI kann dann Verbesserungsvorschläge zur Formulierung geben und auf erforderliche Quellen hinweisen, um die ursprüngliche Aussage zu stützen. Das alles geschieht in Sekunden – das kann kein Mitarbeiter in so kurzer Zeit und Zuverlässigkeit leisten. Ein Beispiel:

Prompt: „Wir reduzieren unsere Treibhausemmissionen in den nächsten Jahren um 80%“ Nimm eine Bewertung dieser Aussage vor und prüfe, ob sie den Anforderungen der Richtlinie standhält. Nenne Verbesserungsvorschläge, falls nötig.

Output: Konformität ist nicht gegeben.

Kriterium: Zukünftige Umweltleistung
Eine zeitlich festgelegte Verpflichtung fehlt, ergänze beispielsweise eine Jahreszahl wann das Ziel erreicht werden soll und was die Ausgangssituation ist. Vorschlag: “ Von heute an reduzieren wir bis 2030 unsere Treibhausemmissionen um 80%“

Kriterium: Bereitstellung von Informationen
Es ist nicht ersichtlich, ob die Reduktion durch Kompensation oder Maßnahmen erreicht werden soll. Gebe eine ergänzende Erklärung zur Aussage welche Maßnahmen oder Technologien das bewirken. Vorschlag: “ Von heute an reduzieren wir bis 2030 unsere Treibhausemmissionen um 80%. Dafür haben wir einen 12-Punkteplan und investieren in den Nahwärmeanschluss zum Bio-Heizwerk der Gemeinde.“

4.Innovationen generieren

Weiterdenken. Bei der Erstellung von Ökobilanzen sind viele Menschen im Unternehmen beteiligt z.B. Produktmanagement – Einkauf – Produktion – Logistik – Vertrieb. Die gemeinsame Fragestellung verbindet und ist ein Nährboden für neue Produkt-, Service- und Geschäftsideen, die dann zur Umsatzsteigerung und Kundenbindung nutzbar sind.

5.Vertrauen stärken

Die Ergebnisse einer Ökobilanz können zudem genutzt werden, um transparent zu kommunizieren, inwieweit ESG-Ziele erreicht werden. Dies stärkt nicht nur das Vertrauen bei Investoren, Kunden und der Öffentlichkeit, sondern trägt auch dazu bei, den langfristigen Wert des Unternehmens zu steigern und zu sichern.

  1. https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/muellkippe-meer/muellkippemeer.html ↩︎
  2. J Food Sci Technol. 2011 Feb 11;49(4):495–499. doi: 10.1007/s13197-011-0284-5 ↩︎
  3. EPDs basieren auf der Methode der Ökobilanz nach ISO 14040/44 und den spezifischeren Normen ISO 14025 und EN 15804. Sie bieten eine einheitliche, faktenbasierte Informationsgrundlage für eine Bewertung der Produktnachhaltigkeit. ↩︎
  4. Tim Schlüter, Bachelorarbeit an der Westfälische Hochschule 2024,„Greenwashing verhindern mit KI“; https://www.pr-journal.de/lese-tipps/studien/32830-greenwashing-verhindern-mit-ki.html ↩︎
  5. https://environment.ec.europa.eu/topics/circular-economy/green-claims_en
    ↩︎
  6. Institut für Journalismus und Public Relations der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen 2023, https://pr-journal.de/lese-tipps/studien/31662-studie-zur-eu-green-claims-directive-greenwahing-abwenden.html ↩︎